Extremismus auf dem Stundenplan: Schulsozialarbeit lädt Ex-Neonazi zur Prävention ein

Extremismus-Präventionsveranstaltung der kommunalen Schulsozialarbeit: Philip Schlaffer sprach offen über seine Vergangenheit – und seine Kehrtwende.
Foto: Gemeinde Wedemark

Wenn Hass zur Identität wird – und wie man wieder rauskommt: Präventionsveranstaltung am Campus W begeistert Schülerschaft mit Vortrag von Aussteiger Philip Schlaffer.

Rechtsradikale Aufkleber an Laternen und Wänden, politische Graffiti auf Schulbänken – in den vergangenen Monaten sind den Schulsozialarbeitern am Campus W in Mellendorf vermehrt besorgniserregende Zeichen extremistischer Ideologien aufgefallen. Gemeinsam mit dem Verein extremislos organisierten sie deshalb eine besondere Präventionsveranstaltung für die neunten und zehnten Klassen der drei weiterführenden Schulen der Wedemark.

Am 11. und 12. Juni war das Forum am Campus W bis auf den letzten Platz gefüllt. Der Ex-Neonazi, Rotlicht-Rocker und heutige YouTuber Philip Schlaffer sprach offen über seine Vergangenheit – und seine Kehrtwende. Wie er als Jugendlicher auf der Suche nach Identität in die rechte Szene rutschte, 20 Jahre dort blieb – und wieder ausstieg.

„Kein Mensch wird als Extremist geboren – jeder kann sich ändern“, lautete seine zentrale Botschaft. Er erzählte von Gruppenzwang, Radikalisierung, Gewalt – und wie er den Absprung geschafft hat. Was bei den Jugendlichen besonders ankam: Schlaffer bezog sie aktiv ein. Er ließ sie zunächst über sein Elternhaus spekulieren – und löste das Bild dann auf mit der überraschenden Geschichte eines ganz normalen Familienlebens in einem Vorort Lübecks und der beruflichen Auswanderung der heilen Familie nach England.

„Die Rückkehr nach Deutschland war mein Bruchpunkt“, sagte Schlaffer. Der schulische Misserfolg nach Jahren in England habe sein Selbstwertgefühl erschüttert – „und mich anfällig gemacht für die Parolen der Rechten.“ Der Wunsch nach Identität und Zugehörigkeit waren zu stark. Seine offene, direkte Sprache beeindruckte viele. Im Anschluss an den Vortrag diskutierten die Jugendlichen mit ihm über Ausstiegsmöglichkeiten, Gruppendruck und Demokratie.

Martin Damaske von der kommunalen Schulsozialarbeit betont: „Unsere Aufgabe ist es, die Lebenswelt der Jugendlichen ernst zu nehmen. Wenn rechtsextreme Parolen auf dem Schulhof auftauchen, können wir nicht schweigen. Wir müssen den Dialog suchen – auf Augenhöhe.“

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